Drüsen sind spezialisierte Organe oder Zellgruppen im menschlichen Körper, die eine entscheidende Rolle bei der Regulierung zahlreicher physiologischer Funktionen spielen. Sie produzieren und sezernieren Substanzen, die für die Aufrechterhaltung der Homöostase, das Wachstum, die Fortpflanzung und die Reaktion auf externe Reize erforderlich sind. Im Wesentlichen lassen sich Drüsen in zwei Hauptkategorien unterteilen: endokrine Drüsen, die Hormone direkt in den Blutkreislauf abgeben, und exokrine Drüsen, die ihre Sekrete durch Ausführungsgänge an bestimmte Körperoberflächen oder Hohlräume leiten. Obwohl beide Arten von Drüsen wesentliche Funktionen erfüllen, unterscheiden sie sich erheblich in ihrer Struktur, Funktionsweise und ihren biologischen Zielen.
Definition und Unterscheidung
Endokrine Drüsen
Endokrine Drüsen sind spezialisierte Organe, die Hormone – chemische Botenstoffe – direkt in den Blutkreislauf freisetzen. Diese Drüsen besitzen keine Ausführungsgänge, weshalb die Sekretion über die Kapillaren direkt ins Blut erfolgt. Die Hormone, die von den endokrinen Drüsen freigesetzt werden, haben systemische Wirkungen und beeinflussen weit entfernte Zielzellen und Organe. Typischerweise wirken Hormone über spezifische Rezeptoren auf Zielzellen, um physiologische Prozesse zu steuern, wie etwa Stoffwechsel, Wachstum, Reproduktion und die Aufrechterhaltung des inneren Gleichgewichts (Homöostase).
Ein Beispiel ist die Hypophyse, die als „Meisterdrüse“ des endokrinen Systems fungiert. Sie gibt Hormone ab, die andere Drüsen steuern, und ist somit zentral für die Regulation des gesamten hormonellen Systems verantwortlich.
Exokrine Drüsen
Exokrine Drüsen hingegen produzieren Sekrete, die über Ausführungsgänge an bestimmte Zielorte abgegeben werden. Diese Sekrete haben meist eine lokale Wirkung und beeinflussen den Bereich, in den sie abgegeben werden, direkt. Beispiele hierfür sind Verdauungsenzyme, die in den Magen und Darm freigesetzt werden, um Nahrungsbestandteile abzubauen, oder Schweißdrüsen, die Schweiß auf die Hautoberfläche abgeben, um die Körpertemperatur zu regulieren.
Im Gegensatz zu endokrinen Drüsen, die in erster Linie auf das Blutgefäßsystem angewiesen sind, um ihre Sekrete zu verteilen, arbeiten exokrine Drüsen gezielter und lokalisiert. Zu den bekanntesten exokrinen Drüsen gehören die Speicheldrüsen, die Verdauungsenzyme in die Mundhöhle abgeben, und die Schweißdrüsen, die für die Thermoregulation verantwortlich sind.
Anatomie und Physiologie
Aufbau endokriner Drüsen
Endokrine Drüsen bestehen aus spezialisierten Epithelzellen, die Hormone produzieren. Diese Zellen sind von einem dichten Netzwerk aus Kapillaren durchzogen, welches die schnelle Abgabe der Hormone ins Blut ermöglicht. Die Funktion endokriner Drüsen wird häufig durch das zentrale Nervensystem reguliert, insbesondere durch den Hypothalamus, der durch seine Verbindung zur Hypophyse als Hauptregulator fungiert. Diese Regulation erfolgt über Freisetzungs- (Releasing-) Hormone, die die Ausschüttung weiterer Hormone anregen.
Zu den wichtigsten endokrinen Drüsen gehören:
- Hypophyse
Die Hypophyse ist eine erbsengroße Drüse an der Basis des Gehirns, die als zentrale Steuerzentrale des endokrinen Systems dient. Sie produziert Hormone wie das adrenocorticotrope Hormon (ACTH), das die Nebennieren zur Cortisolfreisetzung anregt, und das Wachstumshormon (GH), das das Körperwachstum reguliert. - Schilddrüse
Die Schilddrüse befindet sich im vorderen Halsbereich und produziert die Hormone Thyroxin (T4) und Triiodthyronin (T3), die den Stoffwechsel, die Herzfrequenz und die Körpertemperatur regulieren. Außerdem ist sie an der Kontrolle des Kalziumstoffwechsels beteiligt. - Nebenniere
Die Nebennieren sind paarweise angeordnete Drüsen, die auf den Nieren sitzen. Sie bestehen aus zwei Teilen: der Rinde (Cortex) und dem Mark (Medulla). Die Rinde produziert Steroidhormone wie Cortisol und Aldosteron, während das Mark Stresshormone wie Adrenalin und Noradrenalin freisetzt. - Gonaden (Hoden und Eierstöcke)
Die Gonaden sind für die Produktion von Sexualhormonen verantwortlich. Testosteron wird in den Hoden produziert und ist für die Entwicklung der männlichen Geschlechtsmerkmale sowie die Spermienproduktion verantwortlich. Östrogene und Progesteron, die in den Eierstöcken gebildet werden, steuern den weiblichen Menstruationszyklus und unterstützen die Schwangerschaft.
Aufbau exokriner Drüsen
Exokrine Drüsen bestehen aus einem Drüsenkörper und einem Ausführungsgang, über den das Sekret zur Zielstruktur transportiert wird. Die Sekrete exokriner Drüsen können vielfältig sein: Enzyme, Schleim, Schweiß, Talg oder Milch, um nur einige zu nennen.
Exokrine Drüsen können in einfache (mit einem einzigen Ausführungsgang) und zusammengesetzte Drüsen (mit verzweigten Ausführungsgängen) unterteilt werden. Sie werden auch nach dem Mechanismus ihrer Sekretabgabe klassifiziert:
- Merokrine Drüsen
Sezernieren ihre Produkte durch Exozytose (z.B. Schweißdrüsen). - Apokrine Drüsen
Ein Teil der Zelle wird zusammen mit dem Sekret ausgeschieden (z.B. Milchdrüsen). - Holokrine Drüsen
Die gesamte Zelle zerfällt und wird mit dem Sekret abgegeben (z.B. Talgdrüsen).
Zu den wichtigsten exokrinen Drüsen gehören:
- Speicheldrüsen
Es gibt drei Hauptpaare von Speicheldrüsen: die Ohrspeicheldrüse (Glandula parotis), die Unterkieferspeicheldrüse (Glandula submandibularis) und die Unterzungenspeicheldrüse (Glandula sublingualis). Sie setzen Speichel frei, der die Verdauung von Kohlenhydraten im Mund einleitet. - Schweißdrüsen
Diese Drüsen befinden sich in der Haut und produzieren Schweiß, der zur Kühlung des Körpers und zur Ausscheidung von Abfallstoffen dient. Schweißdrüsen können in ekkrine und apokrine Schweißdrüsen unterteilt werden. Ekkrine Drüsen sind für die Thermoregulation zuständig, während apokrine Drüsen hauptsächlich in bestimmten Regionen (z.B. Achselhöhlen) vorkommen und bei Stress oder sexueller Erregung aktiv sind. - Talgdrüsen
Diese Drüsen sind mit Haarfollikeln verbunden und produzieren Talg, ein öliges Sekret, das die Haut und Haare geschmeidig hält. - Bauchspeicheldrüse (Pankreas)
Das Pankreas ist sowohl eine endokrine als auch eine exokrine Drüse. Der exokrine Anteil produziert Verdauungsenzyme, die in den Dünndarm abgegeben werden, um die Verdauung von Fetten, Proteinen und Kohlenhydraten zu unterstützen.
Hormonelle Funktionen der endokrinen Drüsen
Hypothalamus-Hypophysen-Achse
Ein zentrales Element des endokrinen Systems ist die Hypothalamus-Hypophysen-Achse. Der Hypothalamus, der sich im Gehirn befindet, wirkt als Bindeglied zwischen dem Nervensystem und dem endokrinen System. Er sezerniert sogenannte Releasing-Hormone, die die Hypophyse stimulieren, weitere Hormone freizusetzen, welche dann die Funktion anderer endokriner Drüsen steuern. Ein Beispiel dafür ist das Corticotropin-Releasing-Hormon (CRH), das die Hypophyse zur Freisetzung von ACTH veranlasst, welches die Nebennieren stimuliert, Cortisol zu produzieren.
Wichtige Hormone und ihre Funktionen
- Insulin
Insulin wird von den Langerhans-Inseln des Pankreas produziert und reguliert den Blutzuckerspiegel, indem es die Aufnahme von Glukose in die Zellen fördert. Insulinmangel oder eine Resistenz gegen Insulin führt zu Diabetes mellitus. - Thyroxin (T4) und Triiodthyronin (T3)
Diese Schilddrüsenhormone regulieren den Stoffwechsel, die Körpertemperatur und das Wachstum. Eine Überproduktion führt zu Hyperthyreose, eine Unterproduktion zu Hypothyreose. - Cortisol
Ein Glukokortikoid, das in der Nebennierenrinde produziert wird. Es spielt eine Rolle bei der Stressbewältigung, erhöht den Blutzuckerspiegel und unterdrückt das Immunsystem.
Funktionen der exokrinen Drüsen
Exokrine Drüsen haben vielfältige Funktionen im Körper. Ihre primäre Aufgabe ist die Sekretion von Substanzen, die entweder in den Verdauungstrakt oder auf die Körperoberfläche abgegeben werden.
Verdauung und Nahrungsaufnahme
- Speicheldrüsen
Der Speichel enthält das Enzym Amylase, das die Spaltung von Stärke in kleinere Zuckermoleküle beginnt. Darüber hinaus enthält Speichel Schleim, der die Nahrung gleitfähig macht und das Schlucken erleichtert. - Bauchspeicheldrüse
Die Bauchspeicheldrüse gibt Verdauungsenzyme wie Amylase, Lipase und Proteasen in den Dünndarm ab, die für den Abbau von Kohlenhydraten, Fetten und Proteinen verantwortlich sind. - Gallenblase
Die Gallenblase ist eine exokrine Struktur, die Galle, eine Substanz, die in der Leber produziert wird, speichert und in den Dünndarm freisetzt. Galle hilft bei der Emulgierung von Fetten, um ihre Verdauung zu erleichtern.
Schutzmechanismen des Körpers
- Schweißdrüsen
Sie sind entscheidend für die Thermoregulation. Durch die Abgabe von Schweiß auf die Hautoberfläche wird Wärme abgeführt, was eine Abkühlung des Körpers zur Folge hat. - Talgdrüsen
Diese Drüsen sondern Talg ab, eine ölige Substanz, die Haut und Haare vor Austrocknung schützt und eine antibakterielle Wirkung hat.
Regulation und Steuerung
Regulation des endokrinen Systems
Das endokrine System arbeitet nach dem Prinzip der Rückkopplungsschleifen. Hormone können sowohl hemmende als auch stimulierende Effekte auf ihre eigene Freisetzung haben. Eine negative Rückkopplung sorgt dafür, dass die Hormonspiegel im Blut in einem engen Rahmen gehalten werden. Beispielsweise führt ein hoher Cortisolspiegel im Blut zur Hemmung der ACTH-Freisetzung in der Hypophyse, was wiederum die Produktion von Cortisol in der Nebennierenrinde verringert.
Regulation der exokrinen Drüsen
Die Sekretion der exokrinen Drüsen wird durch Nervenimpulse und hormonelle Signale reguliert. Ein prominentes Beispiel ist die Parasympathikus-Steuerung der Speicheldrüsen: Wenn Nahrung in den Mund gelangt, werden durch die Stimulation des Parasympathikus vermehrt Speichelsekrete freigesetzt.
Pathophysiologie
Erkrankungen des endokrinen Systems
Störungen im endokrinen System können schwerwiegende gesundheitliche Probleme verursachen, da Hormone an praktisch allen wichtigen physiologischen Prozessen beteiligt sind.
- Diabetes mellitus
Eine der häufigsten Erkrankungen des endokrinen Systems. Bei Diabetes Typ 1 produziert die Bauchspeicheldrüse nicht genügend Insulin, während bei Diabetes Typ 2 die Zellen des Körpers resistent gegenüber Insulin sind. Beide Formen führen zu einem chronisch erhöhten Blutzuckerspiegel. - Hypothyreose
Eine Unterfunktion der Schilddrüse, bei der zu wenig Schilddrüsenhormone produziert werden. Dies kann zu Müdigkeit, Gewichtszunahme, Depression und Kälteempfindlichkeit führen. - Morbus Addison
Eine seltene Erkrankung, bei der die Nebennierenrinde zu wenig Cortisol und Aldosteron produziert. Dies führt zu Schwäche, Gewichtsverlust, niedrigem Blutdruck und einer erhöhten Anfälligkeit für Stress.
Erkrankungen der exokrinen Drüsen
Erkrankungen der exokrinen Drüsen können sowohl die Sekretionsmenge als auch die Zusammensetzung der Sekrete betreffen.
- Zystische Fibrose
Eine genetische Erkrankung, bei der die Sekrete der exokrinen Drüsen, insbesondere in der Lunge und im Verdauungstrakt, zäh und klebrig sind. Dies führt zu Atemwegsproblemen und Verdauungsstörungen. - Akne
Eine häufige Hauterkrankung, die durch eine Überproduktion von Talg in den Talgdrüsen verursacht wird. Verstopfte Haarfollikel führen zu Entzündungen und dem Auftreten von Pickeln. - Pankreatitis
Eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse, die sowohl den exokrinen als auch den endokrinen Teil betreffen kann. Dies führt zu starken Schmerzen, Verdauungsstörungen und in schweren Fällen zu einem lebensbedrohlichen Zustand.
Zusammenfassung
Endokrine und exokrine Drüsen spielen entscheidende Rollen im menschlichen Körper. Während endokrine Drüsen Hormone direkt ins Blut freisetzen und systemische Effekte ausüben, sind exokrine Drüsen dafür verantwortlich, ihre Sekrete an spezifische Zielorte zu leiten, um lokale Funktionen zu unterstützen. Das Zusammenspiel dieser beiden Drüsentypen ist für die Regulierung lebenswichtiger Prozesse, die Verdauung, die Homöostase und die Reproduktion unerlässlich. Die Erforschung von Krankheiten, die diese Systeme betreffen, ist entscheidend, um neue therapeutische Ansätze zu entwickeln und bestehende Behandlungen zu verbessern.
Quellen
- Faller, A., & Schünke, M. (2016). Der Körper des Menschen: Einführung in Bau und Funktion (A. Faller & M. Schünke, Hrsg.; 17. Aufl.). Thieme.
- Menche, N. (Hrsg.). (2016). Biologie Anatomie Physiologie: Mit Zugang zu pflegeheute.de (8. Aufl.). Urban & Fischer in Elsevier.
- Urban & Fischer Verlag (Hrsg.). (2006). Roche Lexikon Medizin Sonderausgabe (5. Aufl.). Urban & Fischer in Elsevier.