Mini-Mental-Status-Test (MMST)

Der Mini-Mental-Status-Test (MMST) ist ein kurzer kognitiver Test zur Beurteilung von geistigen Funktionen. Er prüft Orientierung, Gedächtnis, Aufmerksamkeit und sprachliche Fähigkeiten.

Stephan Wäsche
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Im Mini-Mental-Status-Test wird die Schreibfähigkeit getestet, indem der Patient aufgefordert wird, einen grammatikalisch korrekten und sinnvollen Satz eigenständig zu formulieren.© Foto: Bencemor (Shutterstock)

Der Mini-Mental-Status-Test (MMST) ist ein weit verbreitetes Instrument zur Bewertung kognitiver Funktionen. Ursprünglich von Folstein, Folstein und McHugh im Jahr 1975 entwickelt, wird der MMST vor allem in der Neurologie, Psychiatrie und Geriatrie eingesetzt, um kognitive Beeinträchtigungen, insbesondere im Zusammenhang mit Demenzerkrankungen, zu erkennen und zu quantifizieren.

Mini-Mental-Status-Test
Synonym
Mini-Mental-State-Test, MMSE, Folstein-Test
Ausprache (IPA)
[ˈmiːni mɛnˈtaːl ˈʃtaːtʊs tɛst]
Abkürzung
MMST
Englisch
Mini Mental State Examination

Definition

Der Mini-Mental-Status-Test (MMST) ist ein standardisiertes Verfahren zur Beurteilung kognitiver Funktionen. Er umfasst 30 Aufgaben in Bereichen wie Orientierung, Merkfähigkeit, Aufmerksamkeit, Sprache und visuell-räumliche Fähigkeiten. Der MMST wird häufig zur Früherkennung und Verlaufskontrolle von Demenzerkrankungen verwendet und dauert etwa 10 Minuten.

Hintergrund und Bedeutung

Kognitive Störungen, insbesondere Demenzen, stellen eine zunehmende Herausforderung im Gesundheitswesen dar. Angesichts der alternden Bevölkerung und der steigenden Prävalenz von Alzheimer und anderen Demenzerkrankungen ist es für medizinisches Fachpersonal entscheidend, frühe Anzeichen von kognitiven Beeinträchtigungen zu erkennen. Der MMST bietet hier ein schnelles, zuverlässiges und standardisiertes Mittel, um kognitive Funktionen zu bewerten und den Schweregrad einer Beeinträchtigung zu erfassen.

Aufbau und Durchführung des Tests

Der Mini-Mental-Status-Test besteht aus 30 Fragen und Aufgaben, die in verschiedenen Kategorien angeordnet sind, um verschiedene Aspekte der kognitiven Funktion zu prüfen:

  • Orientierung
    Die Testperson wird nach dem aktuellen Datum (Jahr, Jahreszeit, Monat, Tag und Wochentag) und dem aktuellen Ort (Land, Bundesland, Stadt, Gebäude und Stockwerk) gefragt.
  • Merkfähigkeit
    Drei einfache Wörter werden genannt, die die Testperson sofort nachsprechen und sich merken soll.
  • Aufmerksamkeit und Rechnen
    Die Testperson wird gebeten, in Schritten von sieben ab 100 rückwärts zu zählen (100, 93, 86, etc.), oder alternativ ein einfaches Wort rückwärts zu buchstabieren.
  • Erinnerung
    Die drei zuvor genannten Wörter müssen nach einer kurzen Ablenkung wiederholt werden.
  • Sprache und Verständnis
    Dies umfasst das Benennen von Gegenständen, das Wiederholen eines Satzes, das Befolgen von drei aufeinanderfolgenden Anweisungen, das Schreiben eines vollständigen Satzes und das Kopieren einer Figur.
  • Visuell-räumliche Fähigkeiten
    Die Testperson wird gebeten, zwei sich überschneidende Fünfecke zu zeichnen.

Die maximale Punktzahl beträgt 30, wobei höhere Werte auf eine bessere kognitive Funktion hinweisen. Normalerweise liegt die Testdauer bei etwa 10 – 20 Minuten.

Durchführung des Tests

Die Durchführung des Mini-Mental-Status-Test erfolgt in einem ruhigen Umfeld ohne Ablenkungen. Der Testleiter stellt die Fragen klar und verständlich und ermutigt die Testperson, die Aufgaben nach besten Kräften zu lösen. Es ist wichtig, den Teststandard so konsistent wie möglich zu halten, um die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten.

Bei der Durchführung sollte das medizinische Fachpersonal darauf achten, dass die Testperson nicht durch ihre Umgebung beeinflusst wird und dass der Test in einer Atmosphäre der Unterstützung und Ermutigung erfolgt, um eine möglichst genaue Einschätzung der kognitiven Funktionen zu ermöglichen.

Nachbereitung und Interpretation

Nach der Durchführung des Tests sollten die Ergebnisse sorgfältig dokumentiert und interpretiert werden. Die Punktzahl wird summiert, und auf Grundlage der Gesamtpunktzahl kann eine erste Einschätzung der kognitiven Funktion vorgenommen werden. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass der MMST lediglich ein Screening-Instrument ist und keine endgültige Diagnose darstellt. Weitere diagnostische Untersuchungen können erforderlich sein, um die Ergebnisse des Tests zu bestätigen oder zu ergänzen.

Der Mini-Mental-Status-Test ersetzt nicht den Arztbesuch und gehört in die Hand von geschulten Experten, die Erfahrung mit Demenzerkrankten und mit psychometrischen Tests haben.

Interpretation der Ergebnisse

Die Interpretation der MMST-Ergebnisse erfolgt im Kontext der klinischen Situation und des Bildungsniveaus der Testperson. Die Einteilung in der folgenden Skala beruht auf den offiziellen S3-Leitlinien für Demenz.

GesamtpunktzahlErgebnis
30 bis 27 PunkteKeine Demenz
26 bis 20 PunkteLeichte Demenz
19 bis 10 PunkteMittelschwere Demenz
0 bis 10 PunkteSchwere Demenz
Tab. 1.1: MMST-Interpretation

Wichtig ist, dass der Mini-Mental-Status-Test allein keine Diagnose stellt. Er ist ein Screening-Instrument und sollte immer im Zusammenhang mit einer umfassenderen klinischen Bewertung verwendet werden.

Anwendung und Einschränkungen

Der Mini-Mental-Status-Test ist ein nützliches Instrument zur ersten Einschätzung kognitiver Funktionen, jedoch gibt es auch Einschränkungen. Der Test ist in hohem Maße abhängig vom Bildungsstand und kulturellen Hintergrund der Testperson. Menschen mit niedrigerem Bildungsniveau oder Sprachbarrieren könnten schlechter abschneiden, ohne tatsächlich eine kognitive Störung zu haben. Außerdem können bestimmte neurologische oder psychiatrische Erkrankungen die Ergebnisse verfälschen.

Bedeutung für die Praxis

Für medizinisches Fachpersonal ist es wichtig, den Mini-Mental-Status-Test in der Praxis kompetent anzuwenden und die Ergebnisse korrekt zu interpretieren. Der Test kann helfen, Patienten mit potenziellen kognitiven Störungen frühzeitig zu identifizieren und weiterführende diagnostische Schritte oder Behandlungen einzuleiten. Auch in der Verlaufsbeurteilung von Demenzerkrankungen oder in der Überwachung der Wirksamkeit von Therapien kann der Mini-Mental-Status-Test (MMST) nützlich sein.

Es gibt noch weitere Tests zur Demenzdiagnostik, wie den Uhrentest, den MoCa-Test und den DemTect-Test, die jeweils ihre eigenen Stärken und Schwächen aufweisen. Der Uhrentest zeichnet sich durch seine Kürze aus, während der MoCa-Test besonders empfindlich in der Früherkennung von Demenz ist.

Fallbeispiel: Mini-Mental-Status-Tests (MMST)

Patientenvorstellung

Herr Müller, ein 72-jähriger pensionierter Lehrer, wird von seiner Ehefrau in die Praxis gebracht. Sie berichtet, dass ihr Mann in den letzten Monaten zunehmend vergesslich geworden sei, Schwierigkeiten habe, sich an alltägliche Aufgaben zu erinnern, und sich häufiger in der eigenen Nachbarschaft verlaufe. Zudem fällt auf, dass er sich in Gesprächen oft wiederholt und Namen von Bekannten vergisst. Die Familie macht sich Sorgen, dass es sich um Anzeichen einer Demenzerkrankung handeln könnte.

Erste Einschätzung

Nach einer ausführlichen Anamnese, bei der sowohl Herr Müller als auch seine Ehefrau befragt werden, entscheidet sich der behandelnde Arzt, den Mini-Mental-Status-Test (MMST) durchzuführen, um eine erste Einschätzung der kognitiven Funktionen vorzunehmen.

Durchführung des MMST

Der Test wird in einem ruhigen Raum ohne Ablenkungen durchgeführt. Der Arzt erklärt Herrn Müller, dass es sich um einen kurzen Test handelt, der dazu dient, seine Gedächtnis- und Denkleistungen zu überprüfen. Herr Müller wirkt zu Beginn des Tests etwas nervös, wird jedoch vom Arzt beruhigt.

  • Orientierung
    • Zeitliche Orientierung: Herr Müller kann das Jahr, den Monat und den Tag korrekt benennen, ist sich jedoch unsicher bezüglich der Jahreszeit und des Wochentages. (3 von 5 Punkten)
    • Örtliche Orientierung: Herr Müller nennt korrekt das Land, die Stadt und das Gebäude, in dem er sich befindet, hat jedoch Schwierigkeiten, das Stockwerk zu benennen. (4 von 5 Punkten)
  • Merkfähigkeit
    • Herr Müller wiederholt die drei genannten Wörter („Apfel“, „Stuhl“, „Hund“) korrekt. (3 von 3 Punkten)
  • Aufmerksamkeit und Rechenfähigkeit
    • Bei der Aufgabe, ab 100 jeweils 7 abzuziehen, beginnt Herr Müller richtig, verliert jedoch nach der zweiten Subtraktion den Faden und zählt nur noch unregelmäßig weiter. (2 von 5 Punkten)
  • Erinnerung
    • Herr Müller kann sich nur an zwei der drei Wörter erinnern, die ihm zu Beginn genannt wurden. (2 von 3 Punkten)
  • Sprache und Verständnis
    • Benennen: Er benennt die gezeigten Gegenstände (Uhr, Stift) korrekt. (1 von 1 Punkten)
    • Nachsprechen: Er wiederholt den Satz „Kein Wenn und Aber“ ohne Probleme. (1 von 2 Punkt)
    • Ausführung von Anweisungen: Herr Müller führt die dreiteilige Anweisung korrekt aus. (3 von 3 Punkten)
    • Lesen und Befolgen einer Anweisung: Herr Müller liest die Anweisung „Schließen Sie die Augen“ und führt sie aus. (1 von 1 Punkt)
    • Schreiben: Herr Müller schreibt einen vollständigen Satz, der inhaltlich korrekt ist. (1 von 1 Punkt)
    • Nachzeichnen: Beim Nachzeichnen der zwei sich überschneidenden Fünfecke hat Herr Müller Schwierigkeiten, die Figuren korrekt zu kopieren. (0 von 1 Punkt)
  • Visuell-räumliche Fähigkeiten
    • Dies wurde bereits in der Nachzeichnungsaufgabe überprüft und es zeigte sich eine deutliche Schwierigkeit. (0 von 1 Punkt)

Ergebnis des MMST:
Herr Müller erreicht eine Gesamtpunktzahl von 21 von 30 möglichen Punkten, was auf eine leichte kognitive Beeinträchtigung hinweist.

Interpretation

Die Ergebnisse des MMST deuten darauf hin, dass bei Herrn Müller eine leichte kognitive Beeinträchtigung vorliegt. Insbesondere die Probleme bei der Orientierung, der Aufmerksamkeit und den visuell-räumlichen Fähigkeiten sind auffällig. Der Arzt entscheidet sich aufgrund des Ergebnisses des MMST, weiterführende diagnostische Untersuchungen einzuleiten, einschließlich einer ausführlicheren neuropsychologischen Testung und bildgebender Verfahren, um eine genaue Diagnose zu stellen.

Weiteres Vorgehen

Der Arzt bespricht die Testergebnisse mit Herrn Müller und seiner Ehefrau und erklärt, dass die leichte kognitive Beeinträchtigung nicht zwangsläufig eine Demenz bedeuten muss, jedoch eine engmaschige Beobachtung und weitere Untersuchungen notwendig sind. Eine Überweisung an einen Neurologen wird in Erwägung gezogen, und es wird ein Termin für eine erneute Testung in sechs Monaten vereinbart, um den Verlauf der kognitiven Fähigkeiten zu überwachen.

Zusammenfassung

Der Mini-Mental-Status-Test ist ein einfaches und effektives Instrument zur Bewertung kognitiver Funktionen und bietet wertvolle Einblicke in die kognitive Gesundheit einer Person. Während er einige Einschränkungen aufweist, bleibt er ein essenzieller Bestandteil in der Diagnostik von Demenzen und anderen kognitiven Störungen. Für medizinisches Fachpersonal ist es wichtig, den Test sachgerecht durchzuführen und die Ergebnisse im klinischen Kontext zu interpretieren, um die bestmögliche Versorgung der Patienten zu gewährleisten.

Quellen

  • Elsevier GmbH, & Menche, N. (Hrsg.). (2019). Pflege Heute (7. Aufl.). Urban & Fischer in Elsevier.
  • Haupt, W. F., & Gouzoulis-Mayfrank, E. (2016). Neurologie und Psychiatrie für Pflegeberufe (W. F. Haupt & E. Gouzoulis-Mayfrank, Hrsg.; 11. Aufl.). Thieme.
  • Folstein, M.F., Folstein, S.E. und McHugh, P.R. (1975) ‘Mini-mental state: A practical method for grading the cognitive state of patients for the clinician’, Journal of Psychiatric Research, 12(3), S. 189-198.
  • Nasreddine, Z.S., Phillips, N.A., Bédirian, V., Charbonneau, S., Whitehead, V., Collin, I., Cummings, J.L. und Chertkow, H. (2005) ‘The Montreal Cognitive Assessment, MoCA: A brief screening tool for mild cognitive impairment’, Journal of the American Geriatrics Society, 53(4), S. 695-699.
  • Braak, H. und Braak, E. (1991) ‘Neuropathological stageing of Alzheimer-related changes’, Acta Neuropathologica, 82(4), S. 239-259.
  • Shulman, K.I. (2000) ‘Clock-drawing: Is it the ideal cognitive screening test?’, International Journal of Geriatric Psychiatry, 15(6), S. 548-561.

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