Pflegeziele

Pflegeziele sind konkrete, individuelle Vorgaben im Pflegeprozess, die den gewünschten Zustand oder Fortschritt eines Patienten definieren. Sie dienen der Planung und Bewertung pflegerischer Maßnahmen.

Stephan Wäsche
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Pflegeziele geben die Richtung der Versorgung vor. Sie fördern Gesundheit, Selbstständigkeit und Wohlbefinden, basierend auf individuellen Bedürfnissen und realistischen Zielen für optimale Pflegeergebnisse.© Foto: Monkey Business Images (Shutterstock)

Pflegeziele sind grundlegende Elemente im Pflegeprozess, die die Richtung und den Fokus der pflegerischen Maßnahmen bestimmen. Für medizinisches Pflegepersonal ist es von zentraler Bedeutung, klare und umsetzbare Pflegeziele zu definieren, um die Pflegequalität zu sichern und die Gesundheit und das Wohlbefinden der Patienten zu fördern.

Definition

Pflegeziele sind spezifische, messbare, erreichbare, realistische und zeitgebundene Vorgaben im Pflegeprozess, die das Wohlbefinden und die Gesundheit von Patienten fördern. Sie dienen als Orientierung für Pflegehandlungen, ermöglichen die Bewertung des Pflegeerfolgs und helfen, die Pflegeplanung strukturiert und zielgerichtet zu gestalten. Pflegeziele können kurzfristig oder langfristig sein und berücksichtigen individuelle Patientenbedürfnisse.

Die Pflegeziele sind Teil des Pflegeprozesses und der Pflegeplanung.

Bedeutung von Pflegezielen

Pflegeziele dienen als Orientierungshilfe für das Pflegepersonal und bilden die Grundlage für die Planung und Durchführung von Pflegemaßnahmen. Sie helfen dabei, die Pflege strukturiert und zielgerichtet zu gestalten, was letztlich zu besseren Ergebnissen für die Patienten führt. Zudem tragen sie dazu bei, den Pflegeprozess zu evaluieren und anzupassen, indem sie als Maßstab für den Erfolg der durchgeführten Maßnahmen dienen.

Ein gut formuliertes Pflegeziel unterstützt nicht nur das Pflegepersonal in der täglichen Arbeit, sondern fördert auch die Zusammenarbeit im interdisziplinären Team und verbessert die Kommunikation mit den Patienten und ihren Angehörigen.

Arten von Pflegezielen

Pflegeziele können nach verschiedenen Kriterien klassifiziert werden, wobei die häufigste Unterscheidung zwischen kurzfristigen und langfristigen Zielen erfolgt.

  1. Kurzfristige Pflegeziele
    Diese Ziele sind auf einen kurzen Zeitraum ausgelegt, in der Regel auf Stunden oder Tage. Sie sind besonders wichtig in Akutsituationen, wie beispielsweise in der Notfallmedizin oder auf Intensivstationen. Ein Beispiel für ein kurzfristiges Pflegeziel könnte sein, dass ein Patient innerhalb der nächsten 24 Stunden eine bestimmte Schmerzskala erreicht oder seine Atmung stabilisiert wird.
  2. Langfristige Pflegeziele
    Diese Ziele erstrecken sich über Wochen oder Monate und zielen darauf ab, die allgemeine Gesundheit und das Wohlbefinden des Patienten langfristig zu verbessern. Ein Beispiel hierfür könnte die vollständige Rehabilitation nach einem Schlaganfall sein, wobei das Ziel ist, dass der Patient innerhalb von drei Monaten wieder selbstständig laufen kann.
  3. Präventive Pflegeziele
    Diese Ziele zielen darauf ab, die Entstehung von Krankheiten oder Komplikationen zu verhindern. Ein Beispiel könnte sein, dass ein Patient mit hohem Risiko für Druckgeschwüre keine solchen Geschwüre entwickelt, indem entsprechende vorbeugende Maßnahmen ergriffen werden.
  4. Rehabilitative Pflegeziele
    Diese Ziele konzentrieren sich auf die Wiederherstellung der Funktionalität und Unabhängigkeit des Patienten nach einer Erkrankung oder einem chirurgischen Eingriff. Ein typisches Ziel könnte sein, dass ein Patient nach einer Hüftoperation innerhalb von sechs Wochen wieder Treppen steigen kann.

Formulierung von Pflegezielen

Die Formulierung von Pflegezielen erfordert Sorgfalt und Präzision. Ein Pflegeziel sollte spezifisch, messbar, erreichbar, realistisch und zeitgebunden sein (SMART-Prinzip). Hier folgen einige Richtlinien zur Formulierung effektiver Pflegeziele:

  • Spezifisch
    Das Ziel sollte klar und präzise sein. Anstatt zu sagen „Der Patient soll sich besser fühlen“, könnte ein spezifisches Ziel lauten „Der Patient soll innerhalb von 48 Stunden eine Schmerzskala von maximal 3 auf einer Skala von 1 bis 10 erreichen“.
  • Messbar
    Ein Ziel muss messbare Kriterien enthalten, um den Fortschritt zu bewerten. Beispielsweise könnte ein Ziel lauten „Der Patient soll innerhalb von zwei Wochen 80 % seiner Mobilität wiedererlangen, gemessen an der Fähigkeit, ohne Hilfe 50 Meter zu gehen“.
  • Erreichbar
    Das Ziel sollte realistisch sein und auf den Fähigkeiten des Patienten basieren. Es macht wenig Sinn, ein Ziel zu setzen, das der Patient aufgrund seiner Erkrankung oder seines Zustands nicht erreichen kann.
  • Realistisch
    Das Ziel sollte im Kontext der verfügbaren Ressourcen und der Gesamtsituation des Patienten realisierbar sein. Hier spielt auch die Motivation des Patienten eine Rolle.
  • Zeitgebunden
    Jedes Ziel sollte einen klaren Zeitrahmen haben. Dies hilft, den Fortschritt zu überwachen und bei Bedarf Anpassungen vorzunehmen.

Pflegeziele in der Praxis

In der Praxis ist es wichtig, Pflegeziele nicht nur zu definieren, sondern diese auch regelmäßig zu überprüfen und anzupassen. Dies kann durch regelmäßige Teambesprechungen, Patientenbewertungen und Rücksprachen mit den Patienten und ihren Angehörigen geschehen. Die Flexibilität in der Anpassung der Ziele ist entscheidend, da sich der Zustand des Patienten oft ändert und neue Herausforderungen auftreten können.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Dokumentation. Pflegeziele sollten stets schriftlich festgehalten werden, um die Kontinuität der Pflege sicherzustellen und eine klare Kommunikation innerhalb des Pflegeteams zu gewährleisten.

Fallbeispiel: Pflegeziele in der Praxis

Patientenvorstellung

Herr Schmidt, ein 75-jähriger Patient, wurde nach einem Schlaganfall in die Rehabilitationsabteilung eines Krankenhauses aufgenommen. Der Schlaganfall hat zu einer linksseitigen Hemiparese geführt, und Herr Schmidt hat Schwierigkeiten, selbstständig zu gehen und alltägliche Aufgaben wie das Anziehen und Essen zu bewältigen. Zusätzlich leidet er unter Bluthochdruck und einem erhöhten Sturzrisiko. Das Pflegepersonal steht vor der Aufgabe, geeignete Pflegeziele zu formulieren, um Herrn Schmidt bei der Wiederherstellung seiner Mobilität und Selbstständigkeit zu unterstützen.

Pflegeziele

Kurzfristige Pflegeziele

  • Mobilität fördern:
    • Ziel: Herr Schmidt soll innerhalb einer Woche in der Lage sein, mit Hilfe eines Rollators 10 Meter zu gehen.
    • Maßnahme: Tägliche Gehübungen unter Anleitung des Physiotherapeuten und Unterstützung durch das Pflegepersonal.
  • Sturzrisiko minimieren:
    • Ziel: Innerhalb der nächsten 48 Stunden soll das Sturzrisiko von Herrn Schmidt durch die Implementierung von Sicherheitsmaßnahmen wie Anti-Rutsch-Socken und angepasste Betthöhe minimiert werden.
    • Maßnahme: Tägliche Überprüfung der Umgebung auf mögliche Sturzgefahren und Schulung des Patienten im sicheren Umgang mit Gehhilfen.
  • Blutdruckkontrolle:
    • Ziel: Der Blutdruck von Herrn Schmidt soll innerhalb der nächsten 72 Stunden auf einem stabilen Niveau von unter 140/90 mmHg gehalten werden.
    • Maßnahme: Regelmäßige Blutdruckkontrollen und Anpassung der Medikation in Absprache mit dem behandelnden Arzt.

Langfristige Pflegeziele

  • Selbstständigkeit im Alltag
    • Ziel: Herr Schmidt soll innerhalb von drei Monaten in der Lage sein, sich selbstständig anzuziehen und einfache Haushaltsaufgaben wie das Zubereiten von Mahlzeiten durchzuführen.
    • Maßnahme: Tägliche Ergotherapie-Sitzungen und Unterstützung bei den Aktivitäten des täglichen Lebens (ADLs).
  • Langfristige Mobilität:
    • Ziel: Herr Schmidt soll innerhalb von sechs Monaten in der Lage sein, ohne Hilfe eines Rollators kurze Strecken (bis zu 50 Meter) zu gehen.
    • Maßnahme: Langfristige Physiotherapie und tägliche Gehübungen, um die Muskelkraft und das Gleichgewicht zu verbessern.
  • Prävention von Folgekomplikationen:
    • Ziel: Herr Schmidt soll in den nächsten sechs Monaten keine weiteren Schlaganfälle oder andere kardiovaskuläre Ereignisse erleiden.
    • Maßnahme: Regelmäßige ärztliche Kontrollen, Anpassung der Medikation, Ernährungsberatung und Förderung eines gesunden Lebensstils.

Umsetzung und Überwachung

Das Pflegepersonal setzt die definierten Pflegeziele durch gezielte Maßnahmen um und überwacht regelmäßig den Fortschritt von Herrn Schmidt. Es werden regelmäßige Fallbesprechungen durchgeführt, um die Wirksamkeit der Maßnahmen zu überprüfen und bei Bedarf Anpassungen vorzunehmen. Die Ziele werden mit Herrn Schmidt und seinen Angehörigen besprochen, um sicherzustellen, dass sie realistisch und auf die individuellen Bedürfnisse und Wünsche des Patienten abgestimmt sind.

Reflexion und Anpassung

Im Laufe der Zeit wird der Fortschritt von Herrn Schmidt bewertet, und die Pflegeziele werden gegebenenfalls angepasst. Zum Beispiel könnte das Ziel der Gehstrecke angepasst werden, falls Herr Schmidt schneller Fortschritte macht als erwartet oder zusätzliche Unterstützung benötigt. Ebenso könnten zusätzliche Ziele formuliert werden, wenn neue Herausforderungen auftreten, wie etwa die Bewältigung von emotionalem Stress oder die Anpassung an ein neues Leben mit eingeschränkter Mobilität.

Herausforderungen

Es gibt verschiedene Herausforderungen bei der Festlegung von Pflegezielen. Dazu gehören die unterschiedlichen Bedürfnisse und Erwartungen der Patienten, die Komplexität der Erkrankungen und die begrenzten Ressourcen im Gesundheitswesen. Das Pflegepersonal muss oft einen Balanceakt zwischen idealen und realistischen Zielen finden und dabei die Wünsche der Patienten respektieren.

Zusammenfassung

Pflegeziele sind ein zentraler Bestandteil der Pflegeplanung und haben einen direkten Einfluss auf die Qualität der Pflege und die Zufriedenheit der Patienten. Für medizinisches Pflegepersonal ist es essenziell, diese Ziele sorgfältig zu formulieren und regelmäßig zu überprüfen. Durch klare und erreichbare Pflegeziele kann das Pflegepersonal effektiv arbeiten und den Patienten dabei helfen, ihre Gesundheitsziele zu erreichen. Letztlich tragen gut definierte Pflegeziele zu einem besseren Gesundheitszustand der Patienten und einer höheren Pflegequalität bei.

Quellen

  • Elsevier GmbH, & Menche, N. (Hrsg.). (2019). Pflege Heute (7. Aufl.). Urban & Fischer in Elsevier.
  • Elsevier GmbH (Hrsg.) (2017) PFLEGEN: Grundlagen und Interventionen. 2. Aufl. München: Urban & Fischer in Elsevier.
  • Müller, S. & Schneider, K. (2020). Pflegeziele im Gesundheitswesen: Eine praxisorientierte Einführung. Berlin: Springer Verlag.
  • Klein, A. (2019). ‘Die Rolle von Pflegezielen im Pflegeprozess’, Journal of Nursing Science, 34(2), S. 56-67.
  • Schmidt, M. & Becker, L. (2022). Pflegeplanung und -dokumentation: Handbuch für die Praxis. 2. Aufl. München: Urban & Fischer.

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