Prävention von Demenz: Faktoren zur Förderung der Hirngesundheit

Ein gesunder Lebensstil mit regelmäßiger Bewegung, ausgewogener Ernährung, geistiger und sozialer Aktivität sowie Stressbewältigung kann das Risiko, an Demenz zu erkranken, erheblich verringern.

Stephan Wäsche
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Kreuzworträtsel fördern die kognitive Gesundheit und tragen zur Demenzprävention bei, indem sie das Gehirn aktiv halten, das Gedächtnis trainieren und neue neuronale Verbindungen schaffen© Foto: SHVETS production (Pexels)

Demenz ist eine der größten Herausforderungen für das Gesundheitssystem des 21. Jahrhunderts. Weltweit sind Millionen von Menschen von dieser neurodegenerativen Erkrankung betroffen, und die Zahl wird in den kommenden Jahrzehnten weiter steigen. Da es bisher keine Heilung für Demenz gibt, ist die Prävention von entscheidender Bedeutung. Vorbeugende Maßnahmen können den Ausbruch der Krankheit verzögern oder sogar verhindern.

Körperliche Aktivität: Der Einfluss von Bewegung auf die Hirngesundheit

Regelmäßige körperliche Aktivität ist eine der effektivsten Methoden zur Vorbeugung von Demenz. Studien (z.B. die Caerphilly Cohort Study) zeigen, dass Menschen, die körperlich aktiv sind, ein signifikant geringeres Risiko haben, an Demenz zu erkranken. Bewegung fördert die Durchblutung und sorgt dafür, dass das Gehirn ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt wird. Besonders aerobe Aktivitäten wie Gehen, Radfahren, Schwimmen oder Tanzen haben eine positive Wirkung auf das Gehirn.

Eine der Erklärungen hierfür ist die neuroplastische Wirkung von Bewegung. Sie fördert die Bildung neuer Synapsen und schützt vorhandene Verbindungen zwischen den Nervenzellen. Es wird angenommen, dass Bewegung die Produktion von Brain-Derived Neurotrophic Factor (BDNF) anregt, einem Protein, das für das Wachstum und die Erhaltung von Neuronen wichtig ist.

Regelmäßige körperliche Aktivität verringert auch das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die ein starker Risikofaktor für vaskuläre Demenz sind. Schon moderate Bewegung wie zügiges Gehen für 30 Minuten an fünf Tagen in der Woche kann das Risiko für Demenz um bis zu 40 % senken. Zusätzlich hilft Bewegung, andere Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes und Übergewicht zu kontrollieren.

Gesunde Ernährung: Die Kraft der mediterranen und MIND-Diät

Eine ausgewogene Ernährung ist ein zentraler Pfeiler der Demenzprävention. Die mediterrane Ernährung hat in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit erlangt, da sie mit einem geringeren Risiko für neurodegenerative Erkrankungen in Verbindung gebracht wird. Diese Diät, die reich an Gemüse, Obst, Nüssen, Vollkornprodukten, Fisch und Olivenöl ist, bietet eine Vielzahl von Nährstoffen, die das Gehirn schützen können. Sie ist arm an gesättigten Fettsäuren, die Entzündungen und oxidativen Stress im Körper fördern.

Eine Erweiterung der mediterranen Ernährung ist die sogenannte MIND-Diät, die speziell darauf abzielt, das Risiko für Demenz zu senken. Die MIND-Diät kombiniert Elemente der mediterranen Ernährung und der DASH-Diät, die zur Blutdrucksenkung entwickelt wurde. Sie legt besonderen Wert auf den Verzehr von grünem Blattgemüse, Beeren, Bohnen, Nüssen, Vollkorn und Fisch, während rotes Fleisch, Butter und fettreiche Milchprodukte vermieden werden.

Antioxidantien wie Vitamin E, Omega-3-Fettsäuren und Polyphenole spielen ebenfalls eine Schlüsselrolle in der Demenzprävention. Sie schützen das Gehirn vor oxidativem Stress, der durch freie Radikale verursacht wird. Besonders Beeren und grünes Blattgemüse sind reich an Antioxidantien und fördern die Hirngesundheit.

Geistige Aktivität: Das Gehirn fit halten

Ein aktives Gehirn altert langsamer – das ist die zentrale Botschaft vieler Studien zur kognitiven Prävention von Demenz. Geistige Stimulation fördert die Neuroplastizität, also die Fähigkeit des Gehirns, sich selbst zu regenerieren und neue Verbindungen zwischen den Nervenzellen zu schaffen. Menschen, die sich regelmäßig geistigen Herausforderungen stellen, entwickeln eine sogenannte „kognitive Reserve“, die es dem Gehirn ermöglicht, den Auswirkungen von Demenz länger zu widerstehen.

Aktivitäten wie Lesen, Schreiben, Schach oder Kreuzworträtsel trainieren das Gehirn und fördern die Bildung neuer neuronaler Verbindungen. Ebenso hilfreich sind neue Lerninhalte, wie das Erlernen einer neuen Sprache oder eines Musikinstruments. Eine Studie zeigte, dass Menschen, die im mittleren Lebensalter regelmäßig geistig aktiv sind, ein um 30-50 % geringeres Risiko haben, an Demenz zu erkranken.

Eine interessante Entwicklung in der Forschung zur kognitiven Gesundheit ist die Rolle von “kognitiver Reserve”. Diese Theorie besagt, dass Menschen, die in ihrem Leben hohe kognitive Fähigkeiten entwickelt haben, besser in der Lage sind, die Auswirkungen von Gehirnerkrankungen abzufedern, da ihr Gehirn eine größere Reserve an neuronalen Verbindungen besitzt. Daher ist es besonders wichtig, das Gehirn ein Leben lang aktiv zu halten.

Soziale Interaktionen: Der Schutz durch soziale Verbindungen

Menschen sind soziale Wesen, und das Gehirn profitiert stark von regelmäßigen sozialen Interaktionen. Einsamkeit und soziale Isolation sind bekannte Risikofaktoren für Demenz. Soziale Aktivitäten fördern die kognitive Stimulation und tragen dazu bei, den Geist wachsam und aktiv zu halten. Menschen, die starke soziale Netzwerke haben und regelmäßig an sozialen Aktivitäten teilnehmen, haben ein geringeres Risiko, an kognitiven Beeinträchtigungen zu leiden.

Studien zeigen, dass Menschen, die in soziale Gruppen eingebunden sind, sei es durch Familie, Freundschaften oder Vereine, im Alter geistig fitter bleiben. Soziale Interaktionen fördern nicht nur die geistige Gesundheit, sondern tragen auch dazu bei, Stress und Depressionen zu reduzieren, die ebenfalls Risikofaktoren für Demenz darstellen.

Demenzprävention - Sozialkontakte
Soziale Kontakte fördern geistige Aktivität und reduzieren das Risiko von Demenz. Regelmäßiger Austausch, Gemeinschaftsaktivitäten und enge Beziehungen tragen zur Stärkung der kognitiven Gesundheit bei.
© Foto: Andrea Piacquadio (Pexels)

Gesunder Schlaf: Die Bedeutung der nächtlichen Erholung

Schlaf ist nicht nur für die körperliche, sondern auch für die geistige Gesundheit unerlässlich. Während des Schlafs finden wichtige Prozesse statt, die das Gehirn reinigen und regenerieren. Insbesondere im Tiefschlaf werden schädliche Beta-Amyloid-Proteine, die bei Alzheimer eine Rolle spielen, abgebaut. Menschen, die an chronischem Schlafmangel oder Schlafstörungen leiden, haben daher ein erhöhtes Risiko für kognitive Störungen und Demenz.

Experten empfehlen, auf eine Schlafhygiene zu achten, die eine regelmäßige Schlafroutine, ein ruhiges Schlafumfeld und das Vermeiden von Stimulanzien wie Koffein vor dem Zubettgehen umfasst. Auch regelmäßige Bewegung und die Begrenzung der Bildschirmzeit am Abend können dazu beitragen, einen gesunden Schlaf-Wach-Rhythmus zu fördern.

Blutdruck, Blutzucker und Cholesterin: Wichtige Gesundheitsmarker im Blick behalten

Bluthochdruck, Diabetes und ein erhöhter Cholesterinspiegel sind starke Risikofaktoren für vaskuläre Demenz, die durch Durchblutungsstörungen im Gehirn verursacht wird. Diese Erkrankungen schädigen die Blutgefäße und führen zu einer verminderten Versorgung des Gehirns mit Sauerstoff und Nährstoffen.

Studien zeigen, dass Menschen, die ihre kardiovaskulären Risikofaktoren im Griff haben, ein geringeres Risiko für Demenz haben. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen, eine gesunde Ernährung, Bewegung und die Einnahme von Medikamenten nach ärztlicher Anweisung sind entscheidend, um diese Faktoren zu kontrollieren.

Rauchen und Alkohol: Verhaltensweisen, die das Gehirn schädigen

Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum sind zwei der vermeidbarsten Risikofaktoren für Demenz. Rauchen führt zu einer Verengung der Blutgefäße und reduziert die Sauerstoffversorgung des Gehirns, was das Risiko für vaskuläre Demenz erhöht. Raucher haben im Vergleich zu Nichtrauchern ein signifikant höheres Risiko, an Demenz zu erkranken.

Moderater Alkoholkonsum, insbesondere in Form von Rotwein, kann hingegen eine schützende Wirkung auf das Gehirn haben, da Polyphenole im Rotwein antioxidative Eigenschaften besitzen. Allerdings gilt dies nur für moderate Mengen – übermäßiger Alkoholkonsum ist mit einem erhöhten Demenzrisiko verbunden.

Stressbewältigung: Emotionales Gleichgewicht und psychische Gesundheit

Chronischer Stress ist schädlich für das Gehirn. Hohe Cortisolspiegel, die bei dauerhaftem Stress freigesetzt werden, schädigen die Hippocampus-Region im Gehirn, die für das Gedächtnis verantwortlich ist. Studien zeigen, dass Menschen, die unter chronischem Stress, Angstzuständen oder Depressionen leiden, ein erhöhtes Risiko für Demenz haben.

Techniken zur Stressbewältigung wie Meditation, Achtsamkeit, Yoga oder Atemübungen können helfen, den Stresspegel zu senken und das Risiko für kognitive Störungen zu minimieren. Ebenso ist es wichtig, bei Depressionen und Angststörungen professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Fazit: Ganzheitliche Prävention als Schlüssel zur Hirngesundheit

Demenzprävention erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, der sowohl körperliche, geistige als auch emotionale Aspekte der Gesundheit umfasst. Die Kombination aus regelmäßiger Bewegung, gesunder Ernährung, geistiger und sozialer Aktivität, gutem Schlaf und der Kontrolle von Risikofaktoren wie Bluthochdruck und Diabetes ist entscheidend, um das Gehirn gesund zu halten.

Es gibt keine Garantie, dass Demenz vollständig verhindert werden kann, aber durch einen gesunden Lebensstil kann das Risiko erheblich reduziert und die Lebensqualität im Alter verbessert werden

Quellen

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