Qigong: Ganzheitliche Heilmethode der Traditionellen Chinesischen Medizin

Qigong ist eine ganzheitliche chinesische Praxis, die Atemübungen, langsame Bewegungen und Meditation kombiniert, um den Fluss der Lebensenergie (Qi) zu fördern, Stress abzubauen und die Gesundheit zu stärken.

Stephan Wäsche
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Im Qigong gibt es sanfte, fließende Bewegungen, die oft mit Naturbildern wie „die Wolken teilen“ oder „den Mond umarmen“ beschrieben werden. Diese Bewegungen fördern den Qi-Fluss und harmonisieren Körper und Geist.© Foto: freepik

Qigong (氣功), auch als „Qi Gong“ bekannt, ist eine alte chinesische Meditations-, Konzentrations- und Bewegungsform zur Kultivierung von Körper und Geist., die eng mit der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) verbunden ist und über Tausende von Jahren entwickelt wurde. Der Begriff „Qigong“ setzt sich aus zwei Worten zusammen: „Qi“, was als die vitale Lebensenergie oder Lebenskraft angesehen wird, und „Gong“, das für Arbeit oder Kultivierung steht. In seiner Gesamtheit bedeutet Qigong also „die Arbeit mit der Lebensenergie“, um Körper und Geist zu nähren, Gesundheit zu fördern und spirituelles Wachstum zu unterstützen.

Qigong
Synonym
Chi Gong, Qi Gong, Quigong, Ch'i Kung
Ausprache (IPA)
[t͡ʃiˈɡʊŋ]
Abstammung
chinesisch: 氣功

Diese ganzheitliche Praxis beinhaltet eine Kombination aus kontrollierter Atmung, langsamen Körperbewegungen, Meditation und der bewussten Lenkung der inneren Energie. In der Traditionellen Chinesischen Medizin wird Qigong sowohl als Präventivmaßnahme als auch als Therapieform für eine Vielzahl von Krankheiten verwendet. In den letzten Jahrzehnten hat Qigong weltweit an Popularität gewonnen und wird häufig als Methode zur Stressbewältigung, zur Verbesserung der körperlichen und geistigen Gesundheit sowie zur Förderung des Wohlbefindens eingesetzt.

Ursprung und Geschichte von Qigong

Die Wurzeln des Qigong reichen mehr als 4.000 Jahre zurück und liegen tief in der Geschichte Chinas verwurzelt. Qigong entstand als Teil der taoistischen und buddhistischen Philosophie und Praxis. Im alten China entwickelten taoistische Mönche Übungen, die darauf abzielten, den Fluss von „Qi“ im Körper zu optimieren und die Harmonie zwischen Mensch und Natur wiederherzustellen. Die Praxis von Qigong hat sich im Laufe der Jahrhunderte durch mündliche Überlieferung und schriftliche Aufzeichnungen weiterentwickelt und wurde sowohl von der herrschenden Klasse als auch von der breiten Bevölkerung praktiziert.

Die Bedeutung des Qigong in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) ist tief verwurzelt. Die traditionelle Vorstellung besagt, dass ein Ungleichgewicht oder eine Blockade des Qi-Flusses im Körper Krankheiten verursacht. Qigong zielt darauf ab, diese Blockaden zu beseitigen und den Qi-Fluss zu harmonisieren, um das allgemeine Wohlbefinden zu fördern. Es gibt Aufzeichnungen darüber, dass Qigong bereits in der Han-Dynastie (206 v. Chr. bis 220 n. Chr.) zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt wurde.

Im Laufe der Zeit hat Qigong nicht nur in der TCM, sondern auch in der chinesischen Kampfkunst eine zentrale Rolle gespielt. Praktiken wie Tai Chi, das als „bewegtes Qigong“ angesehen wird, haben sich aus der Kombination von Kampfkunst und der Kultivierung des Qi entwickelt. Während der Ming- und Qing-Dynastien (14. bis 20. Jahrhundert) wurden viele Texte über Qigong verfasst, die die Prinzipien und Techniken dieser Praxis dokumentierten. Diese Texte bilden bis heute die Grundlage für das moderne Verständnis von Qigong.

Etymologie

Die Etymologie des Begriffs „Qigong“ leitet sich aus dem Chinesischen ab. „Qi“ (氣) bedeutet wörtlich „Lebensenergie“ oder „Lebenskraft“, die in der Traditionellen Chinesischen Medizin als die vitale Energie angesehen wird, die durch den Körper fließt und das Wohlbefinden beeinflusst. „Gong“ (功) steht für „Arbeit“, „Fähigkeit“ oder „Kultivierung“. Zusammen bedeutet „Qigong“ also „die Arbeit mit der Lebensenergie“ oder „die Kultivierung von Qi“. Diese Praxis zielt darauf ab, die vitale Energie des Körpers zu stärken und zu harmonisieren, um Gesundheit, Wohlbefinden und geistige Klarheit zu fördern.

Grundprinzipien von Qigong

Qigong basiert auf drei Hauptkomponenten: Körperhaltung und Bewegung, Atemkontrolle und geistige Konzentration. Diese drei Elemente sind untrennbar miteinander verbunden und bilden die Grundlage für die Praxis.

  1. Körperhaltung und Bewegung
    Im Qigong gibt es eine Vielzahl von Bewegungsformen, von sanften, fließenden Bewegungen bis hin zu stillen, statischen Posen. Diese Bewegungen sollen den Qi-Fluss im Körper anregen, die Gelenke öffnen und die Muskeln stärken. Die Bewegungen sind in der Regel langsam und bewusst ausgeführt, um die Wahrnehmung des Qi zu verbessern und die Harmonie zwischen Körper und Geist zu fördern.
  2. Atemkontrolle
    Die Atemtechnik spielt im Qigong eine zentrale Rolle. Die Atmung sollte tief, langsam und rhythmisch sein, um den Qi-Fluss zu regulieren und den Körper zu entspannen. Es gibt verschiedene Atemtechniken, die je nach Ziel der Praxis variieren können. Durch die bewusste Kontrolle der Atmung kann das Qi im Körper gezielt gelenkt werden.
  3. Geistige Konzentration
    Eine meditative Geisteshaltung ist unerlässlich für eine effektive Qigong-Praxis. Der Praktizierende lenkt seine Aufmerksamkeit nach innen, um das Qi bewusst wahrzunehmen und zu steuern. Durch die geistige Konzentration wird der Geist beruhigt, was zu einer tieferen Entspannung und einem Gefühl der inneren Ruhe führt.

Die Grundphilosophie von Qigong basiert auf dem Verständnis, dass Körper, Geist und Energie eng miteinander verbunden sind. Eine harmonische Interaktion dieser drei Aspekte führt zu optimaler Gesundheit und Wohlbefinden. Ziel ist es, das innere Gleichgewicht wiederherzustellen, die Selbstheilungskräfte des Körpers zu aktivieren und die Lebensenergie zu kultivieren.

Unterschied zwischen Qigong und Tai-Chi
Im Vergleich zum Tai-Chi sind beim Qigong die Bewegungsabläufe wesentlich kürzer.

Arten von Qigong

Qigong ist eine sehr vielseitige Praxis mit zahlreichen Stilen, die unterschiedliche Ziele und Schwerpunkte haben. Im Allgemeinen kann Qigong in zwei Hauptkategorien unterteilt werden: medizinisches Qigong und Kampfkunst-Qigong. Es gibt jedoch auch spirituelles Qigong, das für spirituelles Wachstum und Erleuchtung praktiziert wird.

  • Medizinisches Qigong
    Dies ist die am häufigsten praktizierte Form von Qigong in der TCM. Es zielt darauf ab, Krankheiten zu behandeln und das allgemeine Wohlbefinden zu fördern. Medizinisches Qigong wird sowohl präventiv als auch zur Behandlung von bestehenden Gesundheitsproblemen eingesetzt. Es umfasst spezifische Übungen und Atemtechniken, die darauf abzielen, das Qi zu regulieren und den Körper zu heilen.
  • Kampfkunst-Qigong
    Diese Form von Qigong wird oft in Verbindung mit Kampfkünsten wie Tai Chi oder Kung Fu praktiziert. Sie betont die Entwicklung von innerer Stärke, körperlicher Flexibilität und der Fähigkeit, Qi für den Kampf zu nutzen. Bewegtes Qigong, wie Tai Chi, ist eine dynamischere Form dieser Praxis, bei der die Bewegung des Körpers im Einklang mit dem Qi-Fluss steht.
  • Spirituelles Qigong
    Diese Form von Qigong zielt darauf ab, den Geist zu klären, die Bewusstheit zu erweitern und spirituelles Wachstum zu fördern. Sie basiert oft auf Meditationstechniken, die den Praktizierenden in tiefere Bewusstseinszustände führen sollen. Spirituelles Qigong wird häufig von Menschen praktiziert, die nach einem tieferen Verständnis des Lebens und des Universums suchen.
Qigong: Kampfsportbewegungen
Kampfkunstbewegungen im Qigong, wie im Tai Chi, sind fließend, langsam und betonen Balance, Atmung und Qi-Fluss. Diese Bewegungen stärken den Körper, fördern die Flexibilität und trainieren die innere Kraft für Selbstverteidigung und Gesundheit.

Gesundheitliche Vorteile von Qigong

In den letzten Jahrzehnten haben sich viele westliche Wissenschaftler und Mediziner mit Qigong beschäftigt, um seine gesundheitlichen Vorteile zu untersuchen. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass Qigong eine positive Wirkung auf die körperliche und geistige Gesundheit haben kann.

  • Stressabbau und psychische Gesundheit
    Qigong ist bekannt für seine stressabbauenden Eigenschaften. Durch die Kombination von Meditation, Atemübungen und sanften Bewegungen hilft Qigong, den Geist zu beruhigen und Stress zu reduzieren. Eine Meta-Analyse von Studien zur Wirkung von Qigong auf die psychische Gesundheit ergab, dass es Angstzustände, Depressionen und Stress signifikant verringern kann. Dies ist besonders wichtig in einer modernen Welt, in der chronischer Stress und Burnout weit verbreitet sind.
  • Verbesserung der körperlichen Gesundheit
    Qigong hat nachweislich eine positive Wirkung auf verschiedene körperliche Beschwerden. Dazu gehören unter anderem:
    • Herz-Kreislauf-Gesundheit: Studien haben gezeigt, dass Qigong die Herzfrequenz und den Blutdruck senken und somit das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen verringern kann.
    • Lungenfunktion: Qigong-Übungen, die auf Atemkontrolle abzielen, können die Lungenkapazität verbessern und die Symptome von Atemwegserkrankungen lindern, wie z.B. Asthma oder chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD).
    • Schmerzlinderung: Qigong hat sich als wirksam bei der Linderung von chronischen Schmerzen erwiesen, insbesondere bei Erkrankungen wie Fibromyalgie und chronischen Rückenschmerzen.
    • Verbesserung der Immunfunktion: Qigong kann das Immunsystem stärken, indem es den Körper in einen Zustand tiefer Entspannung versetzt und die Selbstheilungskräfte aktiviert.
  • Förderung des Gleichgewichts und der Mobilität
    Eine der herausragenden Eigenschaften von Qigong ist seine Fähigkeit, das Gleichgewicht und die Beweglichkeit zu verbessern, insbesondere bei älteren Menschen. Studien haben gezeigt, dass Qigong das Sturzrisiko bei älteren Menschen signifikant verringern kann, indem es die Muskelkraft und das Gleichgewicht stärkt.
  • Unterstützung bei der Krebsbehandlung
    Einige Studien legen nahe, dass Qigong eine unterstützende Rolle in der Krebstherapie spielen kann. Es wurde gezeigt, dass Qigong das allgemeine Wohlbefinden von Krebspatienten verbessert, indem es die Nebenwirkungen von Chemotherapie und Bestrahlung reduziert und das Immunsystem stärkt.

Qigong und die moderne Medizin

In der modernen westlichen Medizin wird Qigong zunehmend als komplementäre Therapieform anerkannt. Viele Krankenhäuser und Gesundheitszentren integrieren Qigong-Übungen in ihre Rehabilitationsprogramme, insbesondere bei der Behandlung von chronischen Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Atemwegserkrankungen und rheumatischen Beschwerden.

Ein Bereich, in dem Qigong besondere Aufmerksamkeit erhalten hat, ist die psychische Gesundheit. Angesichts der wachsenden Zahl von Menschen, die an Depressionen, Angstzuständen und stressbedingten Erkrankungen leiden, bieten die beruhigenden und meditativen Aspekte von Qigong eine natürliche und nicht-invasive Alternative zur traditionellen psychologischen Therapie.

Darüber hinaus wird die Technik in der Geriatrie verwendet, um die Lebensqualität älterer Menschen zu verbessern, indem es Mobilität, Gleichgewicht und geistige Klarheit fördert. In Pflegeheimen und Seniorenresidenzen auf der ganzen Welt wird Qigong zunehmend als Methode zur Förderung von Wohlbefinden und Langlebigkeit eingesetzt.

Qigong in der westlichen Forschung und Wissenschaft

Trotz der langen Geschichte und der positiven Berichte von Praktizierenden, wurde Qigong erst in den letzten Jahrzehnten systematisch von der westlichen Wissenschaft untersucht. Einige Herausforderungen ergeben sich aus der Tatsache, dass viele der Prinzipien von Qigong, wie das Konzept des „Qi“, schwer in westlichen wissenschaftlichen Begriffen zu messen sind. Dennoch haben eine Reihe von Studien die positiven Wirkungen von Qigong bestätigt.

Ein Forschungsbereich, der in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat, ist die Untersuchung der Wirkung von Qigong auf das Gehirn. Studien, die bildgebende Verfahren wie funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) verwenden, haben gezeigt, dass Qigong die Aktivität bestimmter Gehirnregionen beeinflusst, die mit Entspannung, Stressabbau und emotionaler Regulierung verbunden sind.

Darüber hinaus wird die Wirkung von Qigong auf das autonome Nervensystem untersucht, insbesondere auf die Regulierung des Parasympathikus, der für Ruhe- und Erholungsprozesse im Körper verantwortlich ist. Die Forschung legt nahe, dass Qigong einen direkten Einfluss auf die Herzfrequenzvariabilität und die Stresshormone hat, was zu einer verbesserten Stressbewältigung und einer höheren Stressresilienz führen kann.

Zusammenfassung

Qigong ist eine uralte Praxis, die auf einer tiefen Weisheit über die Verbindung von Körper, Geist und Lebensenergie basiert. Obwohl Qigong in der Traditionellen Chinesischen Medizin fest verwurzelt ist, hat es auch im Westen an Popularität gewonnen und wird heute weltweit als Methode zur Förderung der Gesundheit und des Wohlbefindens praktiziert.

Die Vorteile von Qigong sind weitreichend, von der Reduzierung von Stress und Angst bis hin zur Linderung von chronischen Schmerzen und der Verbesserung der Lebensqualität bei älteren Menschen. In der modernen Medizin wird Qigong zunehmend als komplementäre Therapie anerkannt, die sowohl körperliche als auch geistige Gesundheit fördert.

Trotz einiger Herausforderungen bei der wissenschaftlichen Untersuchung von Qigong aufgrund seiner spirituellen und philosophischen Natur, zeigen zahlreiche Studien, dass diese Praxis das Potenzial hat, eine wirksame und natürliche Methode zur Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention zu sein.

Quellen

  • Qigong – Tiefenentspannung für Körper und Geist. (14.07.2020). AOK – Die Gesundheitskasse. https://www.aok.de/pk/magazin/wohlbefinden/entspannung/qigong-tiefenentspannung-fuer-koerper-und-geist/ (Abgerufen am 25.02.2023)
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