Wichtige anatomische Abkürzungen

Anatomische Abkürzungen sind kurze, standardisierte Bezeichnungen für Körperstrukturen und Richtungen, die von medizinischem Personal genutzt werden, um präzise und effizient zu kommunizieren.

Stephan Wäsche 56 Aufrufe
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Das Lernen anatomischer Abkürzungen ist essenziell für medizinisches Personal, um präzise, schnelle Kommunikation zu gewährleisten, Fehler zu minimieren und die Patientensicherheit zu verbessern.© Foto: RF._.studio (Pexels)

In der Medizin ist die Zeit oft ein kritischer Faktor, und präzise Kommunikation kann über Leben und Tod entscheiden. Vor allem in der Anatomie und in der klinischen Praxis ist es wichtig, dass medizinisches Fachpersonal schnell und effizient kommunizieren kann. Hier kommen Abkürzungen ins Spiel. Diese vereinfachen und beschleunigen den Austausch von Informationen und reduzieren die Wahrscheinlichkeit von Missverständnissen.

Anatomische Richtungsbezeichnungen und Ebenen

Die menschliche Anatomie wird oft durch räumliche Beziehungen beschrieben. Um diese besser zu verstehen, haben sich bestimmte Richtungsbezeichnungen etabliert. Diese beschreiben die Position eines Körperteils im Verhältnis zu einem anderen. Sie sind in der Anatomie von zentraler Bedeutung, um Befunde und anatomische Lageverhältnisse korrekt zu kommunizieren.

Häufige Richtungsbezeichnungen

  • ant.Anterior
    Diese Abkürzung beschreibt alles, was sich „vorne“ befindet, d.h. näher zur Vorderseite des Körpers liegt. Beispiel: „Die Narbe ist an der ant. Thoraxwand.“
  • post.Posterior
    Hiermit ist die Rückseite des Körpers gemeint, also alles, was weiter hinten liegt. Beispiel: „Die post. Wunde liegt nahe der Wirbelsäule.“
  • sup.Superior
    Bedeutet „oberhalb“ oder „darüber“. Wird verwendet, um Strukturen zu beschreiben, die im Verhältnis zu einer anderen höher gelegen sind. Beispiel: „Das Herz ist sup. zum Zwerchfell gelegen.“
  • inf.Inferior
    Das Gegenteil von superior, also „unterhalb“. Beispiel: „Der Magen liegt inf. der Leber.“
  • lat.Lateral
    Diese Bezeichnung beschreibt Strukturen, die weiter zur Seite des Körpers hin liegen. Beispiel: „Der lat. Meniskus befindet sich auf der Außenseite des Kniegelenks.“
  • med.Medial
    Dies ist das Gegenteil von lateral und beschreibt alles, was näher zur Körpermitte hin liegt. Beispiel: „Das Herz liegt med. der Lunge.“
  • prox.Proximal
    Proximal bedeutet „näher zum Rumpf“ oder zum Ursprung eines Gliedmaßenabschnitts. Beispiel: „Der proximale Teil des Oberschenkelknochens befindet sich nahe der Hüfte.“
  • dist.Distal
    Distal beschreibt das Gegenteil von proximal, also „weiter entfernt vom Rumpf“. Beispiel: „Der distale Teil des Oberschenkelknochens befindet sich am Kniegelenk.“
  • dors.Dorsal
    Beschreibt eine Struktur, die sich näher zum Rücken oder der Rückseite des Körpers befindet. Beispiel: „Die dors. Seite der Hand ist die Handrückseite.“
  • ventr.Ventral
    Das Gegenteil von dorsal, also „bauchwärts“ oder „an der Vorderseite des Körpers gelegen“. Beispiel: „Die ventr. Seite des Bauches weist eine Narbe auf.“
  • cran.Cranial
    Diese Abkürzung wird verwendet, um etwas zu beschreiben, das näher am Kopf liegt. Beispiel: „Die cran. Rippen befinden sich in der oberen Thoraxregion.“
  • caud.Caudal
    Caudal bedeutet „zum Steiß hin“ oder „weiter unten im Körper“. Beispiel: „Das Becken liegt caud. der Lendenwirbelsäule.“

Richtungsbezeichnungen wie diese werden oft in Kombination verwendet, um noch spezifischere Positionen zu beschreiben. Zum Beispiel kann „anterolateral“ eine Struktur bedeuten, die sowohl vorne als auch seitlich am Körper gelegen ist.

Knochen, Gelenke und Bewegungsapparat

Der Bewegungsapparat des Menschen, bestehend aus Knochen, Gelenken und Muskeln, ist zentral für viele medizinische Fachbereiche, darunter Orthopädie, Chirurgie und Physiotherapie. Abkürzungen helfen dabei, die Vielzahl an Knochen und Gelenken schnell und eindeutig zu beschreiben.

Häufige Abkürzungen bei Knochen und Gelenken

  • OSOs
    Dies ist das lateinische Wort für „Knochen“. Es wird verwendet, um Knochenstrukturen zu bezeichnen, z. B. OS femoris für den Oberschenkelknochen oder OS humeri für den Oberarmknochen.
  • SCGSternoclaviculargelenk
    Das Gelenk zwischen dem Brustbein (Sternum) und dem Schlüsselbein (Clavicula), welches eine wichtige Rolle bei der Schulterbewegung spielt.
  • ACGAcromioclaviculargelenk
    Das Gelenk zwischen dem Acromion (Teil des Schulterblatts) und dem Schlüsselbein, das oft bei Schulterverletzungen betroffen ist.
  • ISGIliosakralgelenk
    Ein Gelenk zwischen dem Kreuzbein und dem Darmbein im Beckenbereich. Es spielt eine zentrale Rolle bei der Stabilität des Beckens.
  • MCPMetacarpophalangealgelenk
    Das Fingergrundgelenk, welches die Verbindung zwischen den Mittelhandknochen und den ersten Fingergliedern darstellt.
  • PIPProximales Interphalangealgelenk
    Ein Gelenk zwischen den ersten und zweiten Fingergliedern. Häufig von Arthrose betroffen.
  • DIPDistales Interphalangealgelenk
    Das Gelenk zwischen den zweiten und dritten Fingergliedern, ebenfalls häufig von Arthrose oder Verletzungen betroffen.

Abkürzungen bei Wirbeln

  • C1-C7Cervikalwirbel 1-7
    Diese Abkürzung beschreibt die sieben Halswirbel, die den oberen Teil der Wirbelsäule bilden.
  • T1-T12Thorakalwirbel 1-12
    Die Brustwirbelsäule besteht aus zwölf Wirbeln, die in dieser Art abgekürzt werden.
  • L1-L5Lumbalwirbel 1-5
    Diese fünf Wirbel bilden die Lendenwirbelsäule und tragen einen Großteil des Körpergewichts.
  • S1-S5Sakralwirbel 1-5
    Diese Wirbel sind miteinander verwachsen und bilden das Kreuzbein (Os sacrum). Es verbindet die Wirbelsäule mit dem Becken und trägt zur Stabilität des Beckens bei.
  • Co1-Co4/5Coccygealwirbel 1-4/5
    Das Steißbein besteht aus vier oder fünf kleinen, verwachsenen Wirbeln am unteren Ende der Wirbelsäule. Es hat keine tragende Funktion, ist jedoch durch Stürze oder Traumata verletzungsanfällig.

Abkürzungen bei der Wirbelsäule

  • HWSHalswirbelsäule
    Die Halswirbelsäule umfasst die ersten sieben Wirbel der Wirbelsäule, beginnend an der Schädelbasis. Diese Wirbel sind besonders beweglich und tragen den Kopf. Sie werden auch einzeln abgekürzt als C1-C7 (Cervikalwirbel 1 bis 7). Beispiel: „Patient hat eine degenerative Erkrankung der HWS.“
  • BWSBrustwirbelsäule
    Die Brustwirbelsäule besteht aus den zwölf Wirbeln, die den mittleren Teil der Wirbelsäule bilden. Diese Wirbel sind weniger beweglich und durch die Rippen stabilisiert. Sie werden auch als T1-T12 (Thorakalwirbel 1 bis 12) abgekürzt. Beispiel: „Bandscheibenvorfall im Bereich der BWS.“
  • LWSLendenwirbelsäule
    Die Lendenwirbelsäule umfasst die fünf untersten, besonders robusten Wirbel, die den unteren Rücken bilden. Sie tragen einen Großteil des Körpergewichts und sind häufig von Rückenschmerzen betroffen. Diese Wirbel werden als L1-L5 (Lumbalwirbel 1 bis 5) abgekürzt. Beispiel: „Schmerzen im unteren Rücken durch Überlastung der LWS.“
  • LWDLumbosakraler Übergangsbereich
    Der lumbosakrale Übergangsbereich, häufig mit LWD abgekürzt, ist der Abschnitt, in dem die Lendenwirbelsäule (LWS) in das Kreuzbein (Os sacrum) übergeht. Dieser Bereich ist besonders anfällig für Verschleiß und degenerative Veränderungen. Beispiel: „Arthrosen im LWD führen häufig zu lumbalen Rückenschmerzen.“

Die genaue Kenntnis der Wirbelbezeichnungen ist in der Orthopädie und bei der Beurteilung von Rückenschmerzen oder Wirbelsäulenverletzungen unverzichtbar.

Muskeln und Sehnen

Muskeln sind die Motoren des Körpers und arbeiten oft in Verbindung mit Sehnen und Knochen, um Bewegungen zu ermöglichen. Abkürzungen erleichtern die Kommunikation über die vielen verschiedenen Muskeln und deren Funktionen.

Häufige Abkürzungen bei Muskeln

  • m.Musculus
    Diese Abkürzung wird zur Beschreibung einzelner Muskeln verwendet. Beispiel: m. biceps brachii für den Bizepsmuskel.
  • mm.Musculi
    Die Mehrzahl von „Musculus“, also Muskeln im Plural.
  • m. gluteus max.Musculus gluteus maximus
    Der größte Gesäßmuskel, der eine wichtige Rolle bei der Hüftstreckung spielt.
  • m. deltoideusMusculus deltoideus
    Der dreieckige Schultermuskel, der für die Armhebung verantwortlich ist.
  • m. trapeziusMusculus trapezius
    Ein großer Muskel des Rückens, der an der Bewegung von Nacken und Schulter beteiligt ist.
  • m. quadriceps femorisMusculus quadriceps femoris
    Der vierköpfige Oberschenkelmuskel, der für die Streckung des Knies verantwortlich ist.

Die Kenntnis der Muskeln und ihrer lateinischen Bezeichnungen ist besonders in der Sportmedizin, Orthopädie und Physiotherapie von Bedeutung, da Muskeln häufig verletzt oder überbeansprucht werden.

Nerven und das Nervensystem

Das Nervensystem besteht aus einem komplexen Netzwerk von Nerven, die Signale zwischen dem Gehirn, dem Rückenmark und dem Rest des Körpers übermitteln. Nervenabkürzungen werden vor allem in der Neurologie, der Neurochirurgie und der Anästhesie verwendet.

Häufige Abkürzungen bei Nerven

  • N.Nervus
    Diese Abkürzung steht für einen einzelnen Nerv. Beispiel: N. ischiadicus für den Ischiasnerv, den längsten und dicksten Nerv des Körpers.
  • NN.Nervi
    Die Mehrzahl von Nervus, wird verwendet, wenn mehrere Nerven gemeint sind.
  • CNSZentralnervensystem (Central Nervous System)
    Bezieht sich auf das Gehirn und das Rückenmark, die Hauptkomponenten des Nervensystems.
  • PNSPeripheres Nervensystem (Peripheral Nervous System)
    Bezeichnet alle Nerven außerhalb des zentralen Nervensystems.
  • ANSAutonomes Nervensystem (Autonomic Nervous System)
    Dieser Teil des Nervensystems kontrolliert unbewusste Körperfunktionen wie den Herzschlag, die Atmung und die Verdauung.
  • SNSSomatisches Nervensystem (Somatic Nervous System)
    Der Teil des Nervensystems, der die willkürlichen Bewegungen der Skelettmuskulatur steuert.

Die Beherrschung der Nervenabkürzungen ist in der Neuroanatomie und der klinischen Praxis, insbesondere bei der Diagnose von Nervenschäden, essentiell.

Blutgefäße und das Kreislaufsystem

Blutgefäße transportieren das Blut durch den Körper und versorgen Gewebe mit Sauerstoff und Nährstoffen. Besonders in der Kardiologie, der Gefäßchirurgie und der Inneren Medizin sind die Abkürzungen für Arterien und Venen von großer Bedeutung.

Häufige Abkürzungen bei Blutgefäßen

  • A.Arteria
    Dies ist die Abkürzung für Arterie. Beispiel: A. carotis für die Halsschlagader.
  • V.Vena
    Die Abkürzung für Vene. Beispiel: V. jugularis für die Halsvene.
  • AA.Arteriae
    Mehrzahl von Arterien, z. B. AA. pulmonales für die Lungenarterien.
  • VV.Venae
    Mehrzahl von Venen, z. B. VV. pulmonales für die Lungenvenen.

Zusätzlich zu diesen Abkürzungen gibt es eine Reihe von spezifischen Begriffen für Blutgefäße, die in der Chirurgie und Diagnostik unerlässlich sind.

Organe und Organsysteme

In der Medizin werden oft Abkürzungen für Organsysteme verwendet, um schnell auf komplexe anatomische Zusammenhänge hinzuweisen. Dies hilft vor allem bei der Beschreibung von Funktionsstörungen oder Pathologien.

Häufige Abkürzungen bei Organsystemen

  • GIGastrointestinal
    Bezieht sich auf das Verdauungssystem, insbesondere auf Magen und Darm. Beispiel: GI-Blutung für eine Blutung im Magen-Darm-Trakt.
  • GUGenitourinär
    Bezieht sich auf das Harn- und Genitalsystem, das Harnleiter, Nieren, Blase und Geschlechtsorgane umfasst.
  • RSRespiratorisch
    Bezieht sich auf das Atmungssystem, einschließlich Lunge, Bronchien und Atemwege.
  • CVSCardiovascular System
    Bezieht sich auf das Herz-Kreislauf-System, das Herz und die Blutgefäße umfasst.
  • CNSCentral Nervous System
    Bezieht sich auf das zentrale Nervensystem, bestehend aus Gehirn und Rückenmark.
  • MSKMuskuloskeletal
    Bezieht sich auf das Muskel- und Skelettsystem, das für die Bewegung und den Halt des Körpers verantwortlich ist.

Quellen und Literatur

  • Faller, A., & Schünke, M. (2016). Der Körper des Menschen: Einführung in Bau und Funktion (A. Faller & M. Schünke, Hrsg.; 17. Aufl.). Thieme.
  • Urban & Fischer Verlag (Hrsg.). (2006). Roche Lexikon Medizin Sonderausgabe (5. Aufl.). Urban & Fischer in Elsevier.
  • Menche, N. (Hrsg.). (2016). Biologie Anatomie Physiologie: Mit Zugang zu pflegeheute.de (8. Aufl.). Urban & Fischer in Elsevier.

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